Laut Roger´s Technology Adoption Life Cycle Model werden Innovationen gemacht von Innovatoren, dann von den Early Adopters ausprobiert, anschließend von der Early Majority übernommen, dann von der Late Majority und zuletzt von den ewiggestrigen Laggards.
Günther Dueck erklärte uns die Mechanismen und Schwierigkeiten von Innovation am 12. März in seinem
Key Note Vortrag auf der REConf in München so:
Es gibt jeweils einen Gap zwischen den Phasen sowie zeitlichen Verzug. Dies führt zu Schmerzen und Hürden für eine frischgebackene Innovation.
An einer wirklich neuen Idee muss man 10 Jahre lang dran bleiben und sie weiterverfolgen, obwohl man dabei Prügel einsteckt. Leider können das junge Leute weniger gut als die alten. Und die alten haben keine zehn Jahre mehr Zeit!
Die Early Adopters, die neue Technologie ausprobieren, sind entweder stolz auf ihre Fortschrittlichkeit oder verrückt genug, in eine unreife Technologie Zeit und Geld zu investieren.
Bei dieser Akzeptanz von Innovation stößt man bereits auf den ersten Gap, nämlich den zwischen Erfindung und Business. Dueck nennt den Business Plan eine "erzwungene Lüge". Hier wird der Erfinder, der eigentlich mit der rechten Gehirnhälfte (die der Innovation, Kreativität und Phantasie, die der vernetzten Mindmaps) denkt, in einer ihm fremden Sprache seine Innovation verkaufen. Das Business denkt mit der linken Gehirnhälfte, und diese kann nur Listen, Organisationscharts und Tabellen verarbeiten. Sobald das Business Budget freigegeben hat, dann ist aber die Innovation immer noch nicht auf dem Markt, sondern dann kommt die "dritte Gehirnhälfte" zum Einsatz, nämlich der Bauch, der Wille, der Macher.
Genau genommen stören sowohl der Techie als auch der Manager bei der Innovation. Der Techniker sagt: "das ist technisch nicht möglich" und meint damit eher: "Ich habe keine Lust, etwas Neues zu probieren. Das macht mir nur Arbeit." Und der Manager sagt dauernd: "Dafür haben wir kein Geld." Was aber tatsächlich gebraucht wird, ist das Ausprobieren. Man macht einen Plan, probiert ihn aus und dann funktioniert es nie so, d.h. man muss den Plan schnell an die Realität anpassen. Und das "kann keiner".
Selbst wenn in Sonntagsreden das Ausprobieren und das Risiko als wichtig und gut bezeichnet werden, wenn die Mitarbeiter dazu aufgefordert werden, mutig zu sein und auch Fehler zu machen, so gilt das nur im Allgemeinen. Im Einzelfall ist es dann doch verboten.
Hat man es jedoch geschafft und einigen experimentierfreudigen Early Adopters die Innovation verkaufen können, so folgt der nächste Gap. Die Majority hat ihre vorgefertigten Anforderungen und die will sie erfüllt haben, bevor sie etwas Neues kauft. Diese Anforderungen muss man annehmen können und das Produkt entsprechend weiterentwickeln, statt sein mangelhaftes Produkt zu verteidigen und
die Leute dazu überreden zu wollen, dass sie trotzdem kaufen müssen. Nein, sie müssen nicht!
Zwischen der Early Majority und der Late Majority finden wir den Gap zwischen Open Minds und Close Minds. Die Close Minds finden bei jeder Innovation Fehler und Gegenargumente, befürchten bei jeder Änderung gleich den Untergang der Kultur. Um diese auch noch ins Boot zu holen, muss man jahrelang hart kämpfen. Bis die Innovation irgendwann selbstverständlich zum Alltag gehört.
Deutschland ist wenig innovativ, so Dueck. Die USA haben letztlich viele deutsche Erfindungen erfolgreich vermarktet: das Auto, die Glühbirne, das Telefon. Na gut, das Internet stammt aus der Schweiz. Woran liegt das? Deutsche lassen sich nicht auslachen, sie stehen nicht zu ihren Innovationen. Darum kommen Deutsche mit ihren Erfindungen immer nur bis zum Prototypen und nicht weiter. Danach beginnt das Ausgelachtwerden und das erträgt man ja nicht.
Ganz besonders wenig trägt die Forschung zur Innovation bei, also genau diejenigen, die dafür bezahlt werden, Vollzeit nichts anderes zu tun als innovativ zu arbeiten. Warum? Geforscht wird nur gegen Förderung, danach ist Schluss. Bis zur Beendigung des Forschungsprojektes hat der Fördergeber den Förderschwerpunkt geändert, also werden nun Anträge zu anderen Themen eingereicht und eine Innovation daher nur drei statt zehn Jahre weiterverfolgt. Auch so kommt man gerade mal bis zum Prototypen. Und genau genommen arbeiten Forscher nicht auf Innovationen hin, sondern auf Impact Points ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Nach diesen Veröffentlichungen, dem Prototypen, der Preisverleihung und dem Projektende müsste richtig gearbeitet werden, die Innovation auf den Markt gebracht. Dazu kommt es nicht mehr. Schuld daran ist nicht nur das Ende der Förderung. Wäre die Innovation etwas wert, würde vielleicht jemand in sie investieren. Doch sie wurde entwickelt in einem geschlossenen System aus Innovatoren, Rückmeldung gab es nur von Gutachtern und Forschungskollegen. Mögliche Kunden haben nicht mehr als Interesse gezeigt und das genügt nicht.
Noch schlimmer steht es mit der Innovationsunterstützung durch das Management. Diese denken nur quartalsweise, ihre Aufmerksamkeitsspanne hält gerade mal für einen 90-Sekunden-Pitch. Und Berater wollen alles methodisch machen, wollen Innovationen mit ihren Managementmethoden verwalten. Auch Innovationsberatung bringt wenig, denn sie ist nur Nachhilfe für Firmen, die keine Innovationen haben. Mit Nachhilfe bringt man sie aber maximal auf mittelmäßiges Niveau und das ist zu wenig.
Am schnellsten und innovativsten sind daher kleine Firmen, die von sich aus bereits innovativ sind! Wenn eine Idee gut ist, bringen sie sie auf den Markt und der Markt kauft. Ganz einfach.
AndreaHerrmann - 27. Mär, 06:18